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Einsatzart Datum / Uhrzeit Eingesetzte Ortswehren der Stadt Buxtehude Eingesetzte Fahrzeuge
GF 28.06.00 13:18 alle alle
Großfeuer mit mehreren Explosionen in Chemiefabrik

Zu einem der größten Einsätze in der Geschichte der Feuerwehr Buxtehude kam es am 28.06.2000 um die Mittagszeit im Buxtehuder Industriegebiet-Ost. Einsatzstichwort war: "Großfeuer im Produktionsbereich der Firma Synthopol nach Explosion!" Synthopol ist die größte Chemiefirma in der Stadt Buxtehude und stellt Lösungsmittel und Kunstharze her. Alle Buxtehuder Wehren waren im Einsatz. Zusätzlich wurden die Berufsfeuerwehr Hamburg mit Schaumcontainer, die Werksfeuerwehr DOW mit GTLF, die FF Neu Wulmstorf, die FF Winsen mit TLF, die FF Stade, sowie diverse weitere Kräfte aus dem Landkreis Stade alarmiert. Beim Eintreffen der ersten Buxtehuder Kräfte kam es zu weiteren schweren Explosionen, so dass sich einige Feuerwehrmänner nur durch einen Sprung hinter Wände oder Stahlträger in Sicherheit bringen konnten. "Feuer aus!" konnte erst am nächsten Morgen gegeben werden. 

Zum Vergrößern auf Bild klicken.

Bild: Buxtehuder Tageblatt

 

Großfeuer bei Synthopol
Bericht von Gerd Meyer

Es mußte mal passieren! Und es kam so schlimm wie wir es uns immer vorgestellt hatten. 

Nur hatten wir in unseren Vorstellungen immer gedacht: 

Wir fahren oben auf die B 73, schauen uns das Spektakel an und warten bis das Feuer aus ist. 

Es kam aber ganz anders.
Synthopol

Luftaufnahme Buxtehude - Fa. Synthopol

Im Einsatzbericht steht: Tag des Einsatzes: 28.06.2000 Einsatznummer: 06/2261 Einsatzort: Alter Postweg, Firma Synthopol Einsatzzeit: 13:18 Uhr Anzahl der tätigen Feuerwehrmänner: 43 (Nur Zug I) Bemerkungen: Großfeuer im Produktionsbereich der Firma Synthopol nach Explosion. 3 Verletzte zur Beobachtung ins Krankenhaus. 3 B-Leitungen vom Mühlenteich vom 3. und 4. Zug aufgebaut.....

Klingt irgendwie nüchtern! Doch das war der Einsatz ganz und gar nicht. Die Ausmaße des Feuers waren schon auf der Anfahrt von weitem zu sehen. Über dem Industriegebiet stand eine riesige Rauchwolke. Auch in der Innenstadt konnte man sie sehen. Aus der Produktionshalle schlugen hohe Flammen empor. Die Züge I und II trafen als erste am Einsatzort ein. Die Drehleiter und der Zug II bekämpften das Feuer vom werkseigenen Hof aus. Wir fuhren mit den beiden Tanklöschfahrzeugen auf das Werksgelände von Töpfer Stahl. Es stand sofort fest, das eine schnelle Bekämpfung des Feuers mit unseren Mitteln nicht zu bewerkstelligen war. Die Löschversuche hatten gerade begonnen, da erschütterte eine weitere Explosion das Werksgelände. einige Feuerwehrleute brachten sich mit beherzten Sprüngen hinter Eisenträgern oder Wänden in Sicherheit.

Das Chaos war jedenfalls perfekt. Immer mehr Hilfskräfte, Feuerwehren, Krankenwagen und Polizeifahrzeuge trafen an der Einsatzstelle ein. Auch immer mehr Feuerwehrführungskräfte begaben sich zu ihren Fahrzeugen. Der Funker der Einsatzleitstelle in Stade forderte, eine Einsatzleitung zu bilden und stiftete damit ein weiteres Durcheinander an. Sein Ton war auch nicht gerade sehr "freundschaftlich"! Hektik, Hektik überall. Man könnte auch sagen, Angst in einigen Gesichtern gesehen zu haben. Der Überblick an der Einsatzstelle wurde immer unübersichtlicher. Einige Angestellte der Firma Synthopol warnten vor weiteren Explosionen. Es sollten dringend Fässer gekühlt werden. Aber wie sollte das alles geschafft werden.

Nur langsam bildete sich die geforderte Einsatzleitung. Die Führungskräfte der Feuerwehr (ich will hier nicht alle aufzählen, es würde den Rahmen sprengen), Polizei und Rettungsorganisationen, das Ordnungsamt Buxtehude, der Gefahrgutbeauftragte der Feuerwehr, sowie Spezialisten der Werksfeuerwehr der Firma DOW und die Geschäftsführung der Firma Synthopol mit weiteren Spezialisten versuchten, Ordnung in das Chaos zu bringen.

Zwischenzeitlich wurden weitere Feuerwehren alarmiert. Sie sollten ausreichend Wasser zum Brandherd pumpen. Die Wasserversorgung aus den städtischen Hydranten war schon lange mehr nicht ausreichend, so daß vom ca. 3 Kilometer entfernten Mühlenteich 3 Leitungen verlegt werden mußten. Mittlerweile trafen auch Spezialfahrzeuge der Firma DOW, der Berufsfeuerwehr Hamburg ein. Durch die Polizei wurden die umliegenden Firmen und Anwohner über Lautsprecher gewarnt. Die Bundesstraße 73 und die Bahnlinie Buxtehude - Hamburg wurden gesperrt. Auch durften keine Flugzeuge mehr über Buxtehude einfliegen.

Bei dem herrschenden Chaos stellte sich glücklicherweise schnell heraus, dass keine Personen Vermisst wurden, und es nur drei leicht verletzte Angestellte zu beklagen gab.

Während einige Feuerwehrkameraden mit der Kühlung von Fässern beschäftigt waren, wurde ein umfangreicher Schaumangriff aufgebaut. Das Sonderfahrzeug der Firma DOW und unser Tanklöschfahrzeug begannen dann mit dem Löschangriff. Zum Glück half dies dann recht gut. Die Flammen wurden kleiner und auch die Rauchentwicklung wurde geringer. Unter dem ständigen Abpfeifen der Kessel, Druck entwich auch Sicherheitsventilen, konnte der Brand unter Kontrolle gebracht werden.

Damit war der Einsatz aber noch lange nicht beendet. Experten sahen sich das Ausmaß des Feuers aus dem Hubschrauber und von der Drehleiter an. Messtrupps prüften den Rauch auf giftige Substanzen, es wurden aber keine gefunden und und und..... Der Umfang des Einsatzes lässt eine vollständige Wiedergabe aller Arbeiten nicht zu.

Versorgt wurden alle Feuerwehrleute und andere Einsatzkräfte mit einem klasse Essen in der Werkskantine der Firma Elida Fabergé. Was dort für uns in solch kurzer Zeit zubereitet wurde, schmeckte prima und war eine gute Stärkung. Bis 20:00 Uhr wurde weiter gelöscht und immer mehr Schläuche zurückgenommen. Fahrzeuge rückten langsam wieder ab. Am Einsatzort verblieben nur die Drehleiter und unser vom Förderverein gekauftes Tanklöschfahrzeug zur Brandwache. Es wurden kleine Restfeuer abgelöscht, die immer wieder aufloderten. Die Besatzung wurde um 23:00 Uhr ausgetauscht. Um 7:00 Uhr war auch für diese Fahrzeuge der Einsatz beendet.

Ein Gewirr aus Stahl ...
Bild: Buxtehuder Tageblatt

Doch kaum waren alle im Gerätehaus eingerückt wurden die Züge I und II neu alarmiert. Eine erneute Verpuffung wurde vom Werksgelände gemeldet. Es handelte sich zum Glück nur um eine Spätreaktion, die kein neues Feuer entfachte.

Mein Fazit:
Glück? Oder Können? Ich weiß es nicht! Ich glaube, es war neben dem Können viel Glück dabei! Glück hatten wir jedenfalls alle! Keine verletzten Rettungskräfte und nur leichtverletzte Werksangehörige! Die Experten waren sich im Anschluß bei einer Besprechung jedenfalls sicher, daß es alles gar nicht so schlimm war. Ich bin zwar nicht der Meinung, habe aber sicherlich nicht das Wissen, das man für diese Beurteilung braucht. Wir werden jedenfalls noch lange an diesen Einsatz zurückdenken und häufig über das Erlebte diskutieren.

Gerd Meyer

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